Antrag auf Bürgerentscheid

Wie Sie vielleicht in der HSt vom Samstag, 11.02.2017 gelesen haben, stellten die drei Gemeinderäte der BIT e.V. den Antrag, dass über den Standort eines Senioren- und Pflegeheims die Talheimer Einwohnerinnen und Einwohner entscheiden sollen. Dieser Antrag wird auf den Gemeinderatssitzung am 20.02.2017 auf der Tagesordnung stehen. Damit der Antrag erfolgreich ist, müssen zwei Drittel der Gemeinderäte zustimmen. Der Antrag ist nach unserem Kenntnisstand formal korrekt.

Warum haben wir uns zu diesem Schritt entschlossen? Nach der Ablehnung des Antrages der BI Talheim auf einen Bürgerentscheid aus formalen Gründen stellte sich für uns die Frage, wie wir mit dem Wunsch der 435 Unterzeichner nach einem solchen Bürgerentscheid umgehen. Bürgerbeteiligung hat für uns einen hohen Stellenwert, es ist eines unserer Hauptthemen. Deshalb war es für uns selbstverständlich, nach Möglichkeiten zu suchen, wie ein Bürgerentscheid doch noch herbei geführt werden kann. Es geht nicht, dass unser Motto Mitreden – Mitmachen – Mitbestimmen lautet, wir aber bei dem Wunsch nach einem Bürgerbegehren die Hände in den Schoß legen. Wir wären dann komplett unglaubwürdig.

Es ist nicht unser Anliegen, irgend jemanden auf die Füße zu treten. Alle unsere Bestrebungen sind auch von der Gemeindeordnung Baden-Württemberg gedeckt. Die von uns gewählte Vorgehensweise ist dort genau so als mögliche Option vorgesehen. Sicherlich haben Sie schon einmal den Begriff kommunale Selbstverwaltung gehört. Dies besagt nichts weiter, als dass die Einwohnerinnen und Einwohner einer Kommune ihre Angelegenheit selbst regeln können. Nichts anderes passiert bei einem Bürgerentscheid. Diese Möglichkeit ist auch nicht neu. Die kommunale Selbstverwaltung (Art. 28 GG) steht schon in der ersten Fassung des Grundgesetzes. Die Möglichkeit eines Bürgerentscheids war schon immer in der Gemeindeordnung BW vorgesehen.

Dass ein Bürgerentscheid relativ selten als Weg der Entscheidungsfindung heran gezogen wird, zeigt eigentlich nur, dass in den allermeisten Fällen die kommunalpolitischen Vertreter der Bürgerinnen und Bürger sehr wohl in ihrem Interesse entscheiden. Aber es gibt halt auch Ausnahmen. Dafür werden in der Gemeindeordnung Baden-Württemberg Wege aufgezeigt, wie man damit umgehen kann. Eine Möglichkeit ist, dass der Gemeinderat eine Entscheidung auf die Bürgerinnen und Bürger überträgt. Er ist dann natürlich an das Votum gebunden.

Dieses Element der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene steht auch nicht im Widerspruch zur repräsentativen Demokratie. Repräsentative Demokratie bedeutet nicht, dass die Bürgerinnen und Bürger in einem gewissen Abstand ihre Vertreter wählen und ansonsten sich nicht in die Politik (Kommunal-, Landes-, Bundes- oder Europapolitik) einmischen dürfen. Wenn dem so wäre, dann bräuchten wir auch keine Versammlungs- und Pressefreiheit. Die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens, also der Wunsch der Bürgerinnen und Bürger, eine Sache selbst zu entscheiden, würde auch keinen Sinn machen.

Die BIT e.V. hat sich bei der Entscheidung für ein Pflege- und Seniorenheim bereits im Januar 2015 für eine starke Bürgerbeteiligung eingesetzt. Zu diesem Zeitpunkt war der Standort Keltergasse/Sonnenstraße vom Tisch. Eine Standortentscheidung für den Tannenäcker war noch nicht erfolgt. Es war in der Nachbetrachtung ein Fehler, dass wir zu diesem Zeitpunkt nicht vehementer für eine Bürgerbeteiligung eingetreten sind. Hiervon nehme ich mich nicht aus. Aber dies ist Vergangenheit. Es zeigt aber, dass wir hier eine Linie haben, der wir folgen.

 

Antrag auf Bürgerentscheid

4 Gedanken zu „Antrag auf Bürgerentscheid

  • 17. Februar 2017 um 10:30 Uhr
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    Dank Herrn Niklaus habe ich ihn jetzt zur Kenntnis genommen.

    Aber ich habe letztendlich keine Ahnung, worauf Herr Bosch eigentlich hinaus möchte: Elemente der direkten Demokratie sind schon immer in der GemO BW enthalten. Eine Grenzlinie ist nicht vorgesehen. Die Bürgerinnen und Bürger können jederzeit (bis auf Ausnahmen, siehe GemO BW §21 Abs. 2) eine Entscheidung an sich ziehen. Auf Thema und Zeitpunkt hat der Gemeinderat keinen Einfluss. Dass die Bürgerinitiative Talheim sich den falschen Beschluss (er ist eben genau eine solche Ausnahme) für ihr Bürgerbegehren ausgesucht haben und damit die formale Hürde in der GemO BW nicht genommen hat, ist das Verschulden der Initiatoren. Rechtfertigt dies, dass man deshalb das Anliegen der anderen 432 (435 abzgl. der drei Vertrauensleute) Bürgerinnen und Bürger nicht zur Kenntnis nimmt? Um genau diese Frage geht es, das ist des Pudels Kern. Davon lese ich aber nichts im Kommentar von Herrn Bosch.

    Falls wir den umgekehrten Weg gehen, also die Initiative für eine Beteiligung geht nicht von den Bürgerinnen und Bürger aus sondern von den Gemeindeorganen, hat Herr Niklaus schon die Antwort gegeben: Bereits im Januar 2015 hat die BIT e.V. eine Bürgerbeteiligung angemahnt. Der Standort Keltergasse / Sonnenstraße war erledigt, der Standort Tannenäcker noch nicht in der Diskussion. Gab es einen besseren Zeitpunkt? Mein Fehler (dazu stehe ich) war, dass ich die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger nicht vehementer gefordert habe. Ich kann mich aber nicht daran erinnern, dass dieses Anliegen der BIT e.V. Unterstützung fand. Davon lese ich aber auch nichts im Beitrag von Herrn Bosch.

    Mit einer Aussage ist Herr Bosch komplett auf dem Holzweg: Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren. Die Initiatoren des Bürgerentscheids sind weder Gemeinderäte noch Mitglieder der BIT e.V.. Hätte Herr Bosch sich die Mühe gemacht, genauer hinzuschauen, wäre ihm dies sicherlich nicht entgangen. Die Bürgerinnen und Bürger müssen aber keine Entscheidung eines Gemeinderates akzeptieren. Sie können, siehe GemO BW, ein Bürgerbegehren anstreben. Sie haben das Recht dazu. Dann haben wir die lebendige Demokratie. Wenn dieses Recht nur auf dem Papier steht und keiner soll es in Anspruch nehmen, dann haben wir eine Schlafmützendemokratie. Dieses Recht, also dass die Bürgerinnen und Bürger entscheiden können, stellt Herr Bosch hoffentlich nicht zur Diskussion. Damit würde er an der Grundsäulen unserer demokratischen Grundordnung rütteln.

    Viel bemerkenswerter und weitaus bedenktlicher finde ich aber, dass ausgerechnet ein Vertreter der Presse einen Vorgang kritisiert, der sich im Rahmen der GemO BW bewegt. Diese ist genau darauf angelegt, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in die Kommunalpolitik einmischen sollen. Seine Zunft lebt übrigens auch davon, dass es die Möglichkeit der Einmischung gibt. Vor allem die Presse würde sich lautstark (zu Recht) beschweren, wenn man ihnen schlaue Ratschläge geben würden, wie sie wann über welches Thema zu berichten hätten oder nicht.

    Die Antworten auf die Fragen, die Herr Bosch am Anfang seines Kommentares stellt, findet er in der GemO BW. Alternativ kann er auch einige Vereine und Stiftungen befragen, die sich diese Thematik auf die Fahnen geschrieben haben. Das Beispiel Talheim hätte er lieber nicht genommen, da haben ihm doch einige Infos gefehlt. Seine Vorstellungen, wie eine lebendige Demokratie auszusehen hat, erinnert mich ein wenig an den deutschen Michel.

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  • 16. Februar 2017 um 22:31 Uhr
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    Liebe Bit-Kollegen,
    ich hoffe, Ihr habt mir Eurer eingeforderten Offenheit auch den Kommentar des Herrn Bosch in der HSt zur Kenntnis genommen….

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    • 17. Februar 2017 um 7:16 Uhr
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      Für alle, die die Heilbronner Stimme nicht haben, hier der Text als Abschrift:

      Talheim Elemente der direkten mit der repräsentativen Demokratie zu vernetzen, ist ein schwieriges Unterfangen. Wo ist die Grenzlinie zu ziehen? Welche Themen sollen den gewählten Gremien überlassen bleiben? Viele Entscheidungen sind gut bei einem Gemeinderat aufgehoben, der sich informiert und, wenn er selbstbewusst genug ist, unbeirrt von Stimmungen den Daumen hebt oder senkt. Wichtig ist zudem, nicht nur das richtige Thema, sondern auch den richtigen Zeitpunkt zu finden. Beispiel Talheim: Der Gemeinderat hatte den Standort für ein Seniorenheim festgelegt. Zu der Frage, ob ein Bürgerentscheid möglich ist, ließ die Gemeinde ein – abschlägig ausgefallenes – Gutachten erstellen. Nun stellen Gemeinderäte der BürgerInteressen Talheim e.V. (geändert vom Webmaster) trotzdem den Antrag auf einen Entscheid. Demokratie lebt davon, dass sich Bürger in Entscheidungsprozesse einbringen können. Demokratie lebt aber auch davon, dass Mehrheitsentscheidungen akzeptiert werden.
      (Quelle Heilbronner Stimme vom 16.02.2017, Autor Reto Bosch)

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      • 17. Februar 2017 um 7:29 Uhr
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        Vielleicht hätte sich Herr Bosch vorher informieren sollen?

        Die BIT e.V. hat bereits im Januar 2015 eine Entscheidung der Talheimer Bürger angestrebt und einen Fragebogen als Diskussionsgrundlage dem Bürgermeister und den Gemeinderäten vorgelegt. Dabei war der jetztige Standort noch gar nicht auf dem Plan, zumindest öffentlich nicht bekannt. Der zuerst vorgesehene Standort war kurz vorher „gescheitert“.

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