(Auto-) Verkehr in Talheim

Eines gleich vorab: Es ist und bleibt jedem selbst überlassen, wie er von A nach B kommt. Aber jeder trägt aber auch ein klein wenig Verantwortung dafür, wie sich die Verkehrsbelastung entwickelt. Ich sehe eine meiner Aufgaben im Gemeinderat darin, im Rahmen meiner Möglichkeiten Angebote für die Talheimerinnen und Talheimer zu schaffen, die es erlauben das Auto auch mal stehen zu lassen. Im übrigen bin ich, genauso wie viele andere auch, mal faul und es kostet mich auch manchmal eine gewisse Überwindung, das Auto stehen zu lassen.

Seien wir ehrlich: Niemand will Verkehrslärm vor seiner Haustüre aber jeder möchte gute Straßen haben. Dies widerspricht sich insofern, dass gut ausgebaute Straßen den Verkehr anziehen. Glücklich, wer in einer Sackgasse wohnt: Da gibt es nur Anliegerverkehr. Aber alle Mitbewohnerinnen und Mitbewohner, die an den hochfrequentierten Straßen leben, haben auch keine Plakate mit der Aufschrift Verkehr komm zu uns aufgehängt. Bitte sparen Sie sich das Argument: Wer den Verkehr nicht möchte, kann ja umziehen. Viele Bürgerinnen und Bürger an der Untergruppenbacher Straße, Bergstraße, Hauptstraße, Bahnhofstraße, die hauptsächlich vom Verkehr betroffen sind, wohnen dort seit Jahrzehnten, teilweise ihr gesamtes Leben. Nicht sie kamen zum Verkehr, sondern der Verkehr kam zu ihnen. Und sie haben nicht danach gerufen.

Eine Gemeindeverwaltung, ein Bürgermeister oder ein Gemeinderat kann nicht nach dem Sankt-Florians-Prinzip arbeiten. Diese Gremien tragen Verantwortung für alle Einwohnerinnen und Einwohner. Nicht diese Gremien erzeugen den Verkehrslärm, nicht diese Gremien parken in den Wohngebieten: Dies sind Sie und ich. Die Straßen von den Höhenlagen in die Ortsmitte sind seit Jahrhunderten die gleichen und lassen sich auch nicht so einfach ausbauen. Dies kann man jetzt, je nach Sichtweise, als Nachteil (überall ist es eng) oder als Vorteil (enge Straßen ziehen den Verkehr nicht an) ansehen. Die Ortsdurchfahrt ist genau deshalb für den Schwerlastverkehr gesperrt, weil die Straßen z.T. so eng sind. Ich kann und möchte den Anwohnerinnen und den Anwohner z.B. der Bergstraße durch einen Ausbau nicht zumuten, dass zukünftig 40 t durch den Ort fahren können. Das interessiert jemanden, der in einem Neubaugebiet in einer Sackgasse wohnt natürlich nicht (vgl. Sankt-Florians-Prinzip). Mich, aber auch die o.g. Gremien, sollte es schon interessieren.

Jegliche Weiterentwicklung unserer Gemeinde zu stoppen, d.h. kein Pflegeheim, keine Neubaugebiete, keine weiteren Gewerbeansiedlungen, … wurde auch schon als Lösung genannt, damit der Verkehr nicht weiter zunimmt. Wir sind aber nicht auf einer Insel und wir können das Rad der Zeit auch nicht zurück drehen. Stillstand bei der Entwicklung bedeutet mittel- und langfristig betrachtet einen Verlust der Attraktiviät unserer Gemeinde. Wie sich langsam aber sicher die Infrastruktur von unattraktiven Kommunen zurück entwickelt, können Sie bereits heute in sogn. strukturschwachen Regionen beobachten. So dramatisch wie dort wird es sich sicherlich in Talheim nicht werden, wenn die Ampel bei der Entwicklung unserer Gemeinde auf Rot gehen würde. Aber ohne Konsequenzen wird ein solcher Stopp in Talheim auch nicht bleiben.

Welche Möglichkeiten bieten sich also, die Verkehrsbelastung zu senken? Ein Ausbau der Straßen von den Wohngebieten in die Tallagen ist kurzfristig nicht möglich. Darüber hinaus zeigen Untersuchung, dass gut ausgebaute Straßen den Verkehr anziehen, d.h. die Verkehrsbelastung steigt. Eine Ortsumgehung um Talheim herum zu bauen kann ich mir auch nicht vorstellen. Die alten Pläne, den Durchgangsverkehr aus Richtung Untergruppenbach zum Gewerbegebiet über die Königsberger Straße zu leiten: Kann ich mal vorschlagen, gibt sicherlich ein interessantes Echo von den Betroffenen. Die Vorstellung, dass so ein 40-Tonner oberhalb des Wohngebietes Hühnerbrünnele auf die Königsberger Straße trifft, dort durch donnert und dann oberhalb vom Jungen auf einer neu zu bauenden Straße ins Gewerbegebiet fährt, wird zu einen Aufschrei bei einigen Bewohnerinnen und Bewohner führen. Aber irgendwie fährt der 40-Tonner auch heute schon in das Gewerbegebiet. Nur halt nicht auf dem im letzten Jahrtausend geplanten Weg. Was lernen wir daraus? Jeder möchte schöne Straßen haben, um schnell von A nach B zu gelangen, aber die damit verbundenen Nachteile sind Waisenkinder.

Wir können auch warten, bis übergeordnete Instanzen (Landkreis, Regierungspräsidium, Land BW, Bund, EU, …) aktiv werden und bis dahin über die Verkehrssituation in Talheim jammern. Da also kurzfristig keine Verbesserung zu erwarten ist und auch ein Stopp der städtebaulichen Entwicklung unserer Gemeinde nicht zur Diskussion steht, kann eine Verbesserung nur dadurch erreicht werden, wenn alle einen Beitrag leisten. Beispiel: kurze, direkte Fusswege, sicher,  gut ausgeleuchtet, angenehm zu begehen. Davon haben wir einige hier in Talheim. Ob alle in dem o.g. Zustand sind, vermag ich nicht zu sagen. Aber es wurde und wird daran gearbeitet. Meiner Ansicht nach war es keine gute Entscheidung, das Mühlwegle zwischen dem Wohngebiet Mühläcker und der Mühlstraße nicht in Gemeindeeigentum zu übernehmen. Das Angebot sollte idealerweise so sein, dass die zeitliche Differenz zwischen der Nutzung des Fussweges und der Nutzung des Autos zum Vorteil des Fussweges ist.

Beispiel Radwege: Hier ist die Unterscheidung wichtig, ob ich den Freizeitradler oder denjenigen, der das Fahrrad täglich nutzt, im Auge habe. Ersterer ist daran interessiert, ohne Autoverkehr in einer angenehmen Landschaft einige Stunden auf dem Rad zu verbringen. Ob er dabei einen Umweg nimmt oder nicht, ist nicht so wichtig. Zweiterer ist an einer direkten Verbindung interessiert. Niemand nimmt auf dem Weg zur Arbeit, der vielleicht direkt 1 km beträgt einen Umweg von 2 km in Kauf. Denken Sie hierbei z.B. an eine Einwohnerin oder Einwohner, der im Jungen oder Hundsberg wohnt und im Gewerbegebiet Rauher Stich arbeitet. Es gibt zwar unbefestigte Feldwege zwischen diesen beiden Orten, aber mit dem Fahrrad lässt es sich nicht gut darauf fahren. Vielleicht könnte ein ausgebauter Radweg den einen oder anderen dazu bewegen, doch mal das Fahrrad, Pedelec oder E-Bike zu nutzen. Schon fährt ein Auto weniger die Haigernstraße oder Fleiner Straße hinunter und abends wieder hinauf.

Beispiel Schule: Muss jede Schülerin und jeder Schüler bis vor die Schultüre gefahren werden und nach Schulschluss dort wieder abgeholt werden? Auch diese Fahrten kann man auf den Prüfstein stellen. Natürlich gibt es Wetterlagen oder auch mal private Gründe, das Kind mal in die Schule zu bringen. Davon ist aber auch nicht die Rede. Aber es kann schon der Eindruck entstehen, dass die Fahrt zur Schule die Regel und zu Fuß gehen für die Schülerinnen und Schüler die Ausnahme ist. Jede seriöse Untersuchung rät aber davon ab. Wenn der Schulweg gemeinsam mit anderen Mitschülerinnen und Mitschüler zurück gelegt wird, dann fördert dies das Sozialverhalten und die Kinder sind aufmerksamer im Unterricht. Der Kreislauf ist schon einmal in Schwung gebracht. Dies setzt aber sicher zu begehende Wege für unsere Grundschüler voraus. Einige haben wir sicherlich. Auch hieraus ergibt sich weniger Verkehr und weniger Benzinverbrauch (Kurzstrecke!).

Beispiel Auto: Wieviele Autos braucht ein Haushalt? Lt. der Stiftung Warentest kostet ein Auto mindestens 200.- Euro im Monat (Beispielrechung für einen gebrauchter Ford Fiesta ), also mindestens 2.400.- Euro im Jahr. Die Kosten dürften so eine untere Grenze darstellen, nach oben kann man diesen Preis beliebig treiben, je nach Modell und Fahrleistung. Ist das eigene Auto noch ein Statussymbol? Immer weniger (). Die Tendenz geht langsam in eine ganz andere Richtung, insbesondere in den Ballungszentren. Vielleicht kann man dazu übergehen, dass nicht jeder Führerscheininhaber im Haushalt unbedingt auch ein eigenes Auto benötigt. Vielleicht kann man die im Haushalt zur Verfügung stehenden Fahrzeuge etwas schlauer nutzen und vielleicht steht dann ein Fahrzeug weniger auf Straße.

Meine Absicht ist es nicht, Ihnen das Auto schlecht zu reden. Es gibt sicherlich für jeden spezielle, handfeste Gründe dafür. Meine Absicht ist, eine bewußtere Nutzung des Autos zu erreichen, Sie zu einem kleinen Schritt zu motivieren. Es schont Ihren Geldbeutel, es gibt weniger Verkehr, Ihre Gesundheit profitiert und das Klima hat auch noch was davon. Alles gute Gründe dafür, auch mal eine Alternative zum Auto zu nutzen, um von A nach B zu gelangen.

(Auto-) Verkehr in Talheim

Ein Gedanke zu „(Auto-) Verkehr in Talheim

  • 15. November 2017 um 19:15 Uhr
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    Hier der gesamte Text:

    Sehr gut auf den Punkt gebracht! Danke. Zu ergänzen wäre noch eine Optimierung der Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Angesichts der innerstädtischen Verkehrssituation in den Kernzeiten würden viele gerne auf eine gute Busverbindung zurückgreifen um zügig und pünktlich zur Arbeit, zum Bahnhof oder einfach nur in die Stadt zu kommen. Ohne Stau- und Parkplatzsorgen.
    Ein Ausbau des alltagspraktischen Radwegenetzes und eine Fahrradparkmöglichkeit an einer optimal vernetzten Bushaltestelle würden das Angebot rund machen.

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